karlstrasse 29 - geschichte

Es gab eine Zeit in Cottbus, da war es nicht möglich einfach eine Wohnung zu mieten und dort entweder alleine oder als WG zu wohnen. Das natürliche "Heim" der Studierenden war eben das Studentenwohnheim. So war das auch noch Anfang der Neunziger Jahre und dauerte noch ein paar Jahre länger. Der fast einzige Weg, dem Wohnheim zu entkommen, war ein Wohnberechtigungsschein (WBS). Ein großes Manko dieses WBS-Systems war, dass nicht 2, 3 oder wie viele Menschen auch immer ihre Scheine zusammenlegen konnten, um eine große Wohnung zu mieten. Gleichzeitig standen in Cottbuser Altbauten ziemlich viele Wohnungen leer, in die einzuziehen nicht so ohne weiteres möglich war.

Dieser an sich unhaltbare Zustand war 1991 oder 1992 Anlass für ein Seminar, in dessen Folge Studentinnen der Uni sich mit der Gebäudewirtschaft Cottbus (GWC) über Möglichkeiten unterhielten, wie und unter welchen Bedingungen eine Zusammenarbeit möglich sei. Als Ergebnis gab es verschiedene Häuser aus dem "Fundus" der GWC, die für ein studentisches Projekt geeignet wären. Die Studentinnen entschieden sich dann für das Haus in der Karlstrasse 29, das alle Voraussetzungen zu erfüllen schien.

Um einen Rahmen zu schaffen, in dem das Haus saniert und weitervermietet werden konnte, gründete sich der Verein Studentisches Wohnen e.V.. 1992 zogen dann die ersten Studentinnen in das Haus ein, in dem zu diesem Zeitpunkt auch noch andere Parteien wohnten. Von Seiten der Studentinnen, bzw. der Universität, gab es sowohl eine Bauaufnahme, als auch einen Entwurf, wie das Haus aussehen und genutzt werden sollte. Der Entwurf von Uta Freese, die als eine der ersten in die Karlstrasse einzog, sah die Öffnung der ehemaligen Toreinfahrt und die Nutzung der Remise als Café vor. Es wurde ein Fördermittelantrag beim Land Brandenburg auf (Zu-)Finanzierung der Sanierung gestellt. Und voller Optimismus ging´s los .... die Remise wurde entrümpelt, die Bäder und die Küche in einen nutzbaren Zustand versetzt, das Dach gedeckt, das Treppenhaus "gesichert" und so weiter.

Der erste Dämpfer trat ein, als 1993 überraschenderWeise doch ein Restitutionsanspruch (= Rückgabe des Hauses an den ehemaligen Besitzer oder dessen Nachfolger) auf das Haus gestellt wurde. Mit dessen Eintritt wurde der Fördermittelantrag zurückgewiesen und somit wurde die Sanierung der Karlstrasse zum Dauerprojekt, das immer noch nicht abgeschlossen ist. Zu diesem Zeitpunkt war das gesamte Haus von Studentinnen bewohnt, die jetzige Küche wurde von einer Wohnung zu einem gemeinschaftlich genutzten Raum, die Auflösung der Wohnungsstruktur in ein gemeinsames Haus muss in dieser Zeit stattgefunden haben. 1994 kam Lenox von Polen nach Cottbus und wurde zunächst Kater von Uta Freese und nach ihrem Auszug offizieller Hauskater der Karlstrasse.

Etwa in diesem Zeitraum muss auch der Ursprung der Probleme liegen, die über einige Jahre hinweg das Verhältnis zur GWC bestimmten. Unser Eindruck war immer, dass die GWC das Haus als unbewohnbar einstufen wollte und uns Bewohnerinnen in Folge dieser Unbewohnbarkeit am liebsten wieder aus der Karlstrasse ausziehen sehen wollte. Nach den ganzen kleineren und größeren Arbeiten an dem Haus und der Erfahrung, dass man nicht spontan irgendwo durchbricht, alles abbrennt oder sonstiges, kam ein Auszug aber nicht in Frage. Einen Höhepunkt erreichte die Situation 1997 oder 1998, als wir die Remise wegen Baufälligkeit räumen und sicher verschließen mussten, um ein von der GWC beauftragtes Zumauern durch eine Firma zu verhindern und einen Grund, unseren Auszug zu forcieren, zu beseitigen. Damals ging es ganz schön hin und her und immer stand der Antrag auf Restitution im Hintergrund, wurde nicht entschieden und blockierte im Prinzip alle Entscheidungen. Nicht zuletzt der Unterstützung der Universität ist es zu verdanken, dass wir in der Karlstrasse wohnen blieben.

Irgendwann sind wir in Kontakt mit der Stadt getreten, in deren Auftrag die GWC das Haus verwaltete, um gemeinsam eine Lösung für unser Problem zu finden. Es gab den Gedanken, einen eigenen Verein zu gründen und das Haus in der Karlstrasse im Rahmen einer Erbpacht zu übernehmen. Die damalige Baudezernentin der Stadt sorgte dafür, dass der Antrag auf Restitution vorzeitig bearbeitet und entschieden wurde - er wurde abgelehnt. Das Haus wurde also nicht zurückgegeben, sondern ging in das Eigentum der Stadt über. Wir haben intern lange über die Option der Erbpacht diskutiert und überlegt, wie eine Instandsetzung des Hauses finanziert werden könnte. Allerdings war uns allen klar, dass keiner langfristig in Cottbus bleiben würde und dass eine Verwaltung des Hauses aus der Ferne oder von ständig wechselnden Bewohnerinnen eher schwer umzusetzen ist. Also war das Ende vom Lied, dass wir vom Erbpachtvertrag Abstand nahmen.

Mit der Entscheidung über den Restitutionsantrag und der Klärung der Eigentumsverhältnisse des Hauses, war im Prinzip Zeit für eine Zäsur. Alle Seiten bemühten sich um eine Verbesserung des Verhältnisses zur GWC. Es wurde ein richtiger waschechter Mietvertrag abgeschlossen, mit Mietzins und allem drum und dran, was schließlich zu einer spürbaren Erhöhung der Miete führte und den "Renovierungs- und Reparaturzuschlag" drastisch schwinden ließ. Das Haus wurde nicht mehr als unbewohnbar eingestuft und wir blieben in der Karlstrasse wohnen.

Weil wir Bewohnerinnen jedoch entscheiden wollten, wer einzieht und um eine Ansprechperson gegenüber der GWC zu stellen, beschlossen wir einen eigenen Verein "karlstrasse neunundzwanzig e.V." zu gründen, der das kulturelle Leben in Cottbus mit Konzerten, Ausstellungen und Gartenfesten bereichern soll. So einfach, wie wir uns das dachten, war das allerdings nicht, aber wir haben es geschafft!

Tja, und seitdem dümpelt alles vor sich hin, weil weder die GWC als jetzige Besitzerin Willens ist, größere Reparaturen wie z.B. des Daches durchzuführen, noch der Verein als Mieter Geld hat. Wir wohnen hier trotzdem recht glücklich und machen immer wieder kleine Reparatur- und Verbesserungsaktionen.

[2004]


der zustand der vielen einfachverglasten fenster wurde zusehens immer schlechter. das hohe alter hat ihnen stark zugesetzt. so taten die bewohnerInnen, zusammen mit freunden, im september 2005 ihr bestes um einige fenster wieder in stand zu setzen. sie schliffen die rahmen ab, verspachtelten, reparierten und strichen. dann wurden alle fenster so gut es geht abgedichtet. danach sahen die fenster wieder besser aus. leider sind die fenster noch immer alt, marode und einfachverglast. kurz: kalt und zugig. es müssten eigentlich neue fenster her - wir müssen nur noch die gwc überzeugen.

der zustand des daches wurde immer schlechter und die vielen behelfsmäßigen reparaturen durch die gwc konnten den zustand auch nicht mehr verbessern. im treppenhaus sowie in zwei zimmer, an der wand zum innenhof, kam es zu immer stärkeren durchfeuchtungen. nach mehreren briefen, telefonaten und einer mietminderung beauftragte die gwc dann endlich eine firma, die unser haus mit einer neuen dachhaut ausstattete. und so hatten wir pünklich zum herbst 2006 endlich wieder ein dichtes dach und trockene wände.

mit dem nun endlich abgedichteten dach war der weg frei zum nächsten bauabschnitt. die decke im 2. OG war voller wasserflecken und nur duch 3cm putz zur außenwelt hin isoliert. nach längeren gemeinsamen diskussionen wurde der entschluss gefasst, geld aus eigener tasche zu investieren und eine 10cm starke zwischendecke einzuziehen. mit der arbeit wurde der handwerker kai nowka beauftragt. zwei monate lang dauerten die arbeiten. zimmer wurden etappenweise aus- und wieder eingeräumt, es musste gebohrt, gippskarton geschraubt, folie geschnitten, rockwool geschnitten, geschliffen, neue türen eingesetzt, viel gewischt und schließlich gemahlert werden. nun haben wir seit dem frühjahr 2007 endlich ein warmes dach, von dem nicht mehr der putz bröckelt.

im herbst 2007 ist unserer kater lennox leider vertorben. nach langer krankheit mit einem zu großen herzen (in das er bestimmt alle seine mitbewohner eingeschlossen hatte) und anderen leiden ging es ihm immer schlechter. er hatte schon bei normalen bewegungen schmerzen und wollte auch nichts mehr fressen. eines tages war er dann verschwunden und kam nicht mehr wieder. wir sind sicher das es ihm im katzenhimmel gut geht.

[ls - feb 2008]


Wie im jahr 2005 bereits festgestellt, waren unsere fenster in einem ziemlich schlechten zustand, welcher sich bis zum jahr 2007 natürlich auch nicht von zauberhand verbesserte – im gegenteil: neben eisblumen _IM_ zimmer und sturzbächen durch gesprungene fensterscheiben bei starkem regen hatten wir auch mit fenstern zu kämpfen, die sich gar nicht mehr öffnen ließen. Theoretisch wäre der vermieter dazu verpflichtet, die fenster, vor allem da sie einfachverglast und somit keinesfalls wohnstandard waren, instandzusetzen. Theoretisch.

Da selbstverständlich seitens der gwc keinerlei eigeninitiative zu erwarten war, setzten wir im november 2007 ein schreiben auf, welches den schlechten zustand der fenster offenbar beeindruckend dokumentierte, sodass tatsächlich etwas passierte: 2 ahnungslose handwerker mit einem eimer und einer silikonflasche standen eines schönen morgens vor unserer tür, um die fenster „zu reparieren“. Das mag lustig klingen, aber zum lachen war uns nicht zumute, sodass wir um einen besichtigungstermin mit der gwc baten. Vom zustand der fenster wurde sich dann vor ort überzeugt, spätestens im februar 2008 lag der gwc eine ausführliche schadensdokumentation schwarz auf weiß und mit farbigen bildchen vor. An den fenstern müsse etwas gemacht werden, das wäre doch klar… Und dann passierte lange zeit nichts.

Völlig überraschend kam dann die sache im juli 2008 langsam ins rollen: Zu einem ganz offiziellen gespräch wurden wir eingeladen, bei dem viel geredet, aber im grunde nichts gesagt wurde. Einig war man sich aber wenigstens in dem punkt, dass an den fenstern etwas gemacht werden müsse - aber das war ja nicht wirklich etwas neues. Da für uns nicht absehbar war, dass in naher zukunft tatsächlich etwas an den fenstern getan werden würde, begannen wir schrittweise die miete zu mindern. Das hatte dann zur folge, dass man uns empfahl zu unterschreiben, dass ein gerichtliches vorgehen der gwc bei weiterer mietminderung zu erwarten sei… wegen ca. 80€… wir hatten tierichste angst und minderten die miete weiter. Tatsächlich wurden dann angebote für nagelneue fenster eingeholt und es begann der zusätzliche kampf zwischen holz- und plastefenstern. Gerne hätten wir den charme des altbaus mit holzfenstern erhalten, boten der gwc sogar an den entsprechenden differenzbetrag zu zahlen - und dennoch, plaste setzte sich durch und weil wir einfach neue fenster haben wollten, gaben wir uns damit zufrieden.

So haben wir nun seit november/dezember 2008 neue fenster. Ärgerlich war die sache trotzdem von anfang bis ende – nicht einmal die versprochenen kapitälchen zur wahrung des stadtbildes sind nun schlussendlich an den fenstern vorhanden. Dafür eine mieterhöhung und - positiv zu bemerken – endlich warme zimmer und damit auch energieersparnis und etwas gutes für die umwelt! Auf weitere gute zusammenarbeit mit der gwc… seien sie neugierig, es bleibt spannend!

[cj 2009]